Hallo Waldkauz,
ich glaube wir sind uns in vielen Punkten einig (und ich stimme dir in allen Punkten persönlich und unter einer ökologischen Betrachtungsweise zu)
Im Bezug auf reguläres Kunstleder sind wir ja einer Meinung, dass man, zumindest Neuware, aufgrund der ungünstigen Folgen für unsere Weltmeere möglichst meiden sollte
- Wenn ich auch gleichsam niemanden hier verurteilen oder kritisieren möchte, der dies, v.a. von einem absolut veganen Blickwinkel (kein Tierprodukt, also okay), anders sieht
Zitat Waldkauz86:
Wieso hat die Inanspruchnahme von Produkten die, ganz gleich ob ich sie 60 Jahre lang trage und wiederverwerte, schleichend alle Lebewesen des Wassers vergiften und somit alle weiteren Spezies, die sich davon ernähren, keine Relevanz für Veganer?
[...]
Da geht es nicht um "extrem abstrakte Zusammenhänge, die strenggenommen nicht vegan sind". Da geht es um einen sehr simplen Sinnzusammenhang zwischen Ursache und Wirkung. Ganz rational.
Dies liegt daran, dass man bei einer praktischen und für den Alltag tauglichen Betrachtung des Veganismus die passiven (bzw. jedwede kumulative) Schäden außer Acht lassen muss.
Die, ganz rationale, Kausalkette (Abfolge von Ursache und Wirkung) passiver Schäden lässt sich praktisch auf jedes Produkt und jede Handlung anwenden:
Kunstleder -> Mikroplastik (Entsorgung) -> Vergiftung der Ozeane -> Fischsterben
Gemüse -> Abgase (Transport) -> Treibhausgase -> Artensterben
Waldspatziergang -> Lauffläche (Fortbewegung) -> Physischer Druck auf den Erdboden -> Insektensterben
Alle diese Kausalketten verursachen direktes Tierleid durch die passiven (bzw. teilw. kumulative) Auswirkungen einer Handlung.
Daher müssen bei einer praktischen Betrachtung passive (und v.a. kumulative) Tierqualen, welche nicht der direkten Produktion oder Nutzung eines Produktes oder einer Handlung zuzuordnen sind, ausgeklammert werden.
Die Frage ob man das von Kunstleder beim Entsorgungsprozess entandene Mikroplastik zur Kausalkette, und somit zum Produkt, hinzurechnet, während man das Insektensterben vom Waldspatziergang trennt ist also weniger einer Kategoriserung als "rational" und "irrational" zuzuschreiben, als der eigenen Sichtweise und den eigenen Überzeugungen (wie fast alles im Leben)
Zitat Waldkauz86:
Sich auf die vermeintliche Nutzung von Kunstlederprodukten zu fokussieren und damit zu argumentieren, dass sie gebraucht ja lange nicht an der Wertstoffentsorgung teilnehmen würde empfinde ich als reduzierte Perspektive auf das Problem
Jede Sicht auf ein Problem ist immer reduziert, da nur ein sehr begrenzter Teil eines Systems berücksichtigt werden kann
Allerdings gehören gebrauchte Produkte mMn. auch in eine Abwägung, wenn man eine Produktgruppe übergreifend kategorisieren möchte (betrifft es wirklich ausnahmslos alle?).
Im intialen Kontext ("Kunstleder trägt dazu bei, dass Leder 'als normal' gehalten wird") sind auch gebrauchte Kunstelöederprodukte sowie zusätzlich z.B. Piñatex und andere ökologisch abbaubare Lederimitate ohne Mikroplastik betroffen.
Zitat Waldkauz86:
Sprich der Ressourcen/Energieaufwand ist dem Nutzen und dem Aspekt der Rückführung entsprechend ausgewogen.
Ein Produkt erzeugt nur ökologische Kosten, wenn dies initial produziert wird, nicht aber jedes Mal wenn dies von Konsument an Konsument weitergereicht wird. (ich denke dies ist recht unumstritten)
Nach dem Prinzip der Opportunitätskosten kann nun ein neutraler, bzw. negativer ökol. Fußabdruck erzielt werden, wenn der Konsument durch den Erwerb eines Gebrauchtgegenstandes vom Kauf eines neu produzierten Gegenstands absieht, da der ökologische Fußabdruck der Neuware von dem ökologischen Fußabdruck der Gebrauchtware (abzüglich evtl. abgegoltener, bzw. im Zeitfenster seit der Produktion regenerierter Umweltkosten) abgezogen (und um die ökologischen Kosten des Transportmittels erhöht) werden muss.
Liebe Grüße,
Falk