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Liebes Bone-Brox-Team, für Knochenbrühe sterben Tiere.

Screenshot von bonebrox.com (29.11.2017)
Screenshot von bonebrox.com (29.11.2017) Bild: Screenshot / K/Vegpool

Liebe Gründer von Bone Brox Knochenbrühe,

ab und zu schaue ich mir auf VOX ein paar Folgen der "Höhle der Löwen an". Eine ziemlich unterhaltsame Show, in der Gründer ihr Unternehmen vorstellen und versuchen, einen Deal mit den anwesenden Investoren ("Löwen") zu bekommen. Auch Ihr wart dort kürzlich zu Gast. Ein Deal kam dort zwar nicht zustande, aber Ihr hattet den Mut, dorthin zu gehen. Dies allein verdient schon Respekt!

Ich habe mir Eure Website mal angesehen, um mehr über Euch und Eure Geschäftsidee zu erfahren. Klar, für Knochenbrühe bin ich als Veganer nicht zu begeistern. Aber dennoch hat mich interessiert, was Euch motiviert, eine Brühe aus Knochen herzustellen. Und welche Hintergründe Euer Produkt hat.
Ihr kommuniziert viel mit Natur, mit Tradition und familiärer Gemütlichkeit. Ihr wollt besser sein, das merkt man.

Dann aber blieb mir der Mund offen stehen.
Denn Ihr bewerbt Eure Angebote mit der Aussage: "Für unserer Produkte sterben keine Tiere" (sic!). Nachzulesen unter der Rubrik "Über unsere Tiere".

Update: Kurz nach Erscheinen dieses Artikels wurde die Website überarbeitet. Die irreführende Titelzeile, dass für die Produkte von Bone Brox keine Tiere sterben müssten, ist nun verschwunden. Damit hat sich dieser Kritikpunkt für uns erledigt. Dieser Artikel hat daher eine reine Archiv-Funktion.
Die Seite wurde zwischenzeitlich überarbeitet.
Screenshot der neuen Version. Bild: Screenshot / K/Vegpool

Es sterben keine Tiere? Für Knochenbrühe? Aus Rinderknochen?

Sterben für Brox-Knochenbrühe keine Tiere?

Nun ist es für mich leider keine neue Erkenntnis, dass etliche Unternehmen, die Produkte von toten Tieren verkaufen, durchaus auch ihre Verbraucher täuschen. Sie werben mit idyllischen Comic-Bildern für Wurst aus Massentierhaltung. Sie zieren ihre Tiertransporter mit Grafiken von grinsenden Schweinen, die sich glückselig selbst die Kehle durchschneiden. Es geht hier im Greenwashing und Image-Transfer. Darum, eine grausige Sache als harmlos darzustellen.

Ihr werbt anders. Anders trügerisch. Denn natürlich sterben für Eure Knochenbrühe Tiere.

Ja, ich halte solche Formen der Verbrauchertäuschung für ein echtes Problem. Wir brauchen eine öffentliche, faktenbasierte Diskussion darüber, was wir als Gesellschaft Tieren aus Gründen des eigenen Komforts antun. Weil es der Gesellschaft dient, darüber zu sprechen, statt es zu verdrängen, zu verharmlosen und es lächerlich zu machen. Weil es um empfindungsfähige Lebewesen geht, denen ihr Leben genommen wird. Auch, wenn sie vorher auf die Weide durften.

Eurer Marketing geht in eine ähnliche Richtung.

Deshalb habe ich Euch vor zwei Wochen eine nette Mail geschrieben. Diese lautete

Hallo liebes Brox-Team,
ich habe den Beitrag in der Höhle der Löwen gesehen. Und auch wenn ich nicht eure Zielgruppe bin, finde ich stark, dass Ihr Euch auf die Massenproduktion nicht eingelassen habt.
Der Hinweis auf Eurer Seite, dass dafür keine Tiere sterben müssten, ist aber falsch und geht - auch wenn es vermutlich nicht böse gemeint ist - in Richtung Verbrauchertäuschung.
Mag sein, dass die Knochen kein Primär-Zweck der Tötung sind, aber für das Produkt sterben letztlich doch Tiere (und wahrscheinlich werdet Ihr dies auch finanzieren), denn sonst würden die Tiere ja noch leben.
Ist verständlich, was ich meine?
Schön, dass Ihr auch ein veganes Produkt habt
Viele Grüße aus Berlin
Kilian Dreißig

Doch Eure trügerische Aussage steht heute, zwei Wochen später, immer noch auf Eurer Website.

Gewiss fragt Ihr Euch, warum ich mir den Aufwand mache, wo Ihr doch bloß ein kleines Unternehmen seid. Eines, das ja offenbar schon viele Dinge besser macht. Keine Massenproduktion, zum Beispiel.

Ich erkläre Euch, warum.

Vor einigen Jahre war ich als Undercover-Journalist tätig und habe auch in deutschen Schlachthöfen gefilmt, wie Tiere behandelt werden. Ich habe mich meistens auf die "Vorbild"-Betriebe konzentriert, weil es mir nicht darum ging, Einzelfälle anzuprangern, sondern Muster verständlich zu machen. Zu zeigen, wie system-immanent die Tierquälerei ist. Wie unvermeidbar die Qualen der Tiere in der Fleischproduktion. Einige meiner Aufnahmen waren auch in den "Tagesthemen" zu sehen.

Eine Aufnahme aus einem vermeintlichen Vorbild-Schlachthof. Bild: K/Vegpool

Dementsprechend kenne ich den Schrecken der Fleischerzeugung - gerade auch bei "Bio" - erschütternd gut. Ich habe gesehen, wie Tiere brüllten, als sie getötet wurden. Wie ihre Augen den letzten Funken Leben verloren. Ich habe in größeren und kleineren Bio-Betrieben gefilmt. In Betrieben, die ja gewöhnlich als besonders tierfreundlich gelten.

Als professionelle Rinderbrühe-Unternehmer dürftet Ihr die Hintergründe gut kennen.

Ihr wisst also, dass auch für Knochenbrühe Tiere sterben mussten.
Aber Ihr behauptet, es sei nicht so.

Verdrängungs-Kultur der Fleischindustrie.

Für mich ist klar, warum viele klassische Fleisch-Unternehmen ihre Kunden belügen.
Weil die Wahrheit zu erschütternd wäre! Weil sich mit der Wahrheit kaum Fleisch verkaufen lässt.
Wie Paul McCartney schon sagte: "Wenn Schlachthöfe Glaswände hätten, wären die Menschen Vegetarier". Das hat nichts mit urbaner Überempfindlichkeit zu tun, sondern mit Empathie.

Ihr seid keine klassischen Fleisch-Hersteller. Ihr gebt Euch modern und irgendwie hipstermäßig traditionell - und liefert zugleich doch ein gutes Beispiel dafür ab, was meiner Ansicht nach in dieser Branche falsch läuft. Inzwischen habt Ihr wohl weitere Geldgeber gefunden. Ist es der Erfolgsdruck, der Euch zum unseriösen Marketing treibt?
Jetzt, zwei Wochen nach meiner Mail, ist mein Eindruck, dass das offenbar Absicht ist.

Und es muss sich ändern! Im Großen wie im Kleinen.

Es geht hier nicht um Besserwisserei. Es geht hier darum, dass sich die deutsche Fleischwirtschaft ein Milieu des Wegsehens geschaffen hat, in dem Wahrheit allenfalls störend ist.

Auch Ihr nutzt ein vermeintliches Veggie-Image, um ein komplett unvegetarisches Produkt zu vermarkten. Wozu sonst die Illusion, dass für Eure Knochenbrühen keine Tiere sterben müssten?

Ihr werbt mit einem tierfreundlichen Image für ein Produkt, das mit Tierfreundlichkeit nichts zu tun hat. Weil auch dafür eben Tiere getötet wurden. Das Schlimmste, was man einem Tier antun kann!

Für Eure Knochenbrühe mussten Tiere sterben.

Tatsache ist: Für Eure Knochenbrühe sterben durchaus Tiere. Denn Ihr braucht ja ihre Knochen, um sie auszukochen. Das geht nur, wenn vorher ein Tier gestorben ist. Selbst dann, wenn Ihr die Tötung nicht selbst in Auftrag gebt.

Gerade weil Ihr offenbar viele Dinge besser machen wollt, solltet Ihr ehrlich werben. Schreibt doch einfach, dass für Eure Knochenbrühen Tiere sterben. Und zeigt, wie. Dann können Eure Kunden anhand von Fakten entscheiden. Und sich im Zweifel für Eure vegane Brühe entscheiden.

Mit besten Grüßen nach Charlottenburg

Kilian Dreißig

P. S.: Vorschlag: Lasst uns gemeinsam und transparent mit der Kamera dokumentieren, woher die Knochen für Eure Brühe wirklich kommen und wie sie gewonnen werden!

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4,6/5 Sterne (21 Bew.)
AUTOR: KILIAN DREIßIG
Vegane Lebensweise vereint Klimaschutz, Tierschutz und Lebensqualität. Gründe genug, mich als Journalist damit zu beschäftigen.

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