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Rezension: "Factfulness" - ist die Welt besser als wir glaubten?

Das Buch "Factfulness" von Hans Rosling
Das Buch "Factfulness" von Hans Rosling Bild: K/Vegpool

Die meisten Menschen haben offenbar ein völlig verzerrtes Bild von der Welt. Selbst Entscheider internationaler Organisationen beantworten grundlegende Fragen zum Zustand der Welt mitunter komplett falsch. Genauer gesagt: Sie liegen sogar systematisch falsch. Oder, wie der schwedische Gesundheitsforscher Hans Rosling in "Factfulness" schreibt schreibt: Eine Horde Affen wäre wahrscheinlich durch Zufall auf ein besseres Ergebnis gekommen.

Mit verheerenden Folgen.

Warum aber liegen Menschen so oft falsch? Und gibt es Möglichkeiten, die Welt besser kennenzulernen? Können wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist?

Warum schätzen wir die Welt falsch ein?

Diese Fragen haben Hans Rosling nicht mehr losgelassen. Und so hat er sie - gemeinsam mit seinem Sohn und dessen Frau - genauer untersucht. Heraus gekommen ist das Buch "Factfulness", das Ende 2018 erschien - kurz nach dem Tod des Autors.

Die meisten Leser, die "Factfulness" in die Hand nehmen, dürften sich zuerst einmal denken: Was will dieser Mann? Will er uns erklären, was wir doch Tag für Tag mit eigenen Augen sehen können? Wird die Welt nicht offensichtlich Tag für Tag schlechter? Kriege, Hungersnöte, Kriminalität, Flüchtlinge, Terrorismus und Massentierhaltung? Und wer weiß denn, ob Hans Rosling überhaupt recht hat?


Hans Rosling beginnt sein Buch "Factfulness" mit einer Sammlung von Fragen rund um den Zustand der Welt, sodass jeder gleich selbst einmal testen kann, wie es um das eigene Wissen bestellt ist. Wahrscheinlich wird das Ergebnis für die meisten Leser ähnlich ernüchternd sein, wie für mich. Das zumindest lassen die Statistiken über die Fehlerquoten erahnen, die Rosling im Buch abdruckt.

Kurz gesagt: Die meisten Menschen haben offenbar ein völlig verzerrtes Bild von der Welt.

Umso brennender die Frage: Woran liegt es eigentlich, dass wir die Welt so schlecht kennen?

Es geschieht Gutes und Schlechtes gleichzeitig.

In der Tat ist die Welt stellenweise recht düster. Der Klimawandel, Epidemien, Kriege und Armut stellen die Menschheit nach wie vor vor gigantische Herausforderungen und es ist nicht gesagt, ob wir sie meistern werden. Und doch zeigen die Daten, dass vieles besser ist, als es scheint. Dass Systeme funktionieren. Dass Armut wirksam bekämpft wird. Dass also durchaus Hoffnung besteht. Und dass die meisten Probleme in den Griff zu bekommen wären.

Wer unter extremer Armut leidet, hat davon natürlich nichts. Doch wenn wir Entscheidungen treffen wollen, die anderen Menschen (und vielleicht auch unserer Gesundheit und der Umwelt) wirklich helfen können, dann sollten wir die Fakten kennen.

Denn nur mit konkreten Fakten können Entscheider erkennen, ob in einem Land ein Mangel an Krankenhäusern besteht - oder vielmehr ein Mangel an Transportmöglichkeiten dorthin. Es sind Entscheidungen, die für viele Menschen über Leben und Tod bestimmen. Und ganz nebenbei kann auf die Weise verhindert werden, dass Spendengelder verbrannt werden.

Hans Rosling schreibt darüber in einem unterhaltsamen, gut lesbaren Ton und mit vielen Beispielen - auch von mitunter fatalen Fehlentscheidungen - aus dem eigenen Leben.

Fakten ersetzen Interpretationen.

Und so erfährt der Leser, was uns Menschen so oft dazu verleitet, aus Informationen falsche Schlüsse zu ziehen. Was uns dazu bringt, Zusammenhänge zu übersehen - und eigene Interpretationen anzustellen. Das Buch ist somit nicht gerade ein Loblied auf die menschliche Vernunft. Doch es ist zugleich irgendwie beruhigend. Denn die größte Angst hat man mitunter vor den Dingen, die man nicht genau kennt.

Wir werden offensichtlich geleitet von 10 Instinkten, die der Menschheit vielleicht zu Urzeiten nützlich gewesen waren, uns heute aber oft offensichtlich dabei behindern, die Welt so zu sehen, wie sie ist.

Angesichts wirklich brutaler Kriege, Antibiotika-Resistenzen und der wachsenden Weltbevölkerung ist es leicht, den Autor als weltfremden Optimist zu bezeichnen. Er selbst bezeichnet sich als Possibilist. Er glaube daran, dass Menschen durchaus in der Lage seien, sich weiterzuentwickeln - weil die Fakten dies stützten. Und zwar selbst unter ungünstigsten Bedingungen. Mitunter auch in Situationen, in denen die Tyrannen der Welt mal wieder mächtig am Rad drehen.

Mit Factfulness bessere Entscheidungen treffen.

"Factfulness" ist ein Buch, das einem Bescheidenheit und Zurückhaltung lehrt. Denn selten war es leichter, sich von Fehlinformationen und aus dem Zusammenhang gerissenen Skandal-Meldungen verunsichern zu lassen. Wer aber die eigenen Instinkte kennen lernt, kann mitunter bessere, fundiertere und weisere Entscheidungen treffen. Oder notfalls die Horde Affen mit einem ehrlichen "ich weiß es nicht" übertrumpfen.

Somit ist "Factfulness" nicht nur eine unterhaltsame, lesenswerte Lektüre, sondern auch - und gerade - für Aktivisten, Journalisten und Wissenschaftler, die die Welt ein bisschen besser machen möchten, eine echte Empfehlung! Denn wer Ursachen für falsche Einschätzungen kennt, kann fatalen Fehlentscheidungen besser vorbeugen.


"Factfulness" ist 2018 in deutscher Übersetzung im Ullstein-Verlag erschienen. Es hat die ISBN 9783550081828 und kostet in Deutschland 24 Euro. Dieser Preis gilt natürlich auch bei Bestellung über unseren Partnerlink.

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4,8/5 Sterne (9 Bew.)
AUTOR: KILIAN DREIßIG
Vegane Lebensweise vereint Klimaschutz, Tierschutz und Lebensqualität. Gründe genug, mich als Journalist damit zu beschäftigen.

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