Vegpool Logo

Das "Schmeckt sogar Fleischessern"-Kuriosum

Ein veganer Portobello-Burger. Ganz ohne Fleisch und Fleisch-Ersatz.
Wow: Ein Portobello-Burger schmeckt sogar manchen Fleischessern. Bild: K/Vegpool

Wenn Fleischesser und Veganer gemeinsam essen gehen möchten, ist guter Rat längst nicht mehr teuer. Denn es gibt inzwischen so viele gute Restaurants mit veganer Küche, dass niemand auf veganen Genuss verzichten muss. "Es schmeckt dort sogar Fleischessern", heißt es unter Veganern oft anerkennend.

Mitunter klingt die Aussage, es schmecke sogar Fleischessern, aber so, als wäre es eine große Auszeichnung, ein veganes Gericht so zuzubereiten, dass es Fleischessern schmeckt. Als wären Fleischesser die wahren Feinschmecker.

Und das ist absurd und kurios!

Es ist schwierig, bei dem Thema nicht zu verallgemeinern. Natürlich gibt es auch Fleischesser mit einem gewissen Ernährungsanspruch. Im statistischen Durchschnitt sind diese aber fast nicht zu erkennen. Schaut man sich die Konsumgewohnheiten in Deutschland an, so drängt sich einem vielmehr der Eindruck auf, den Deutschen sei bei der Ernährung alles egal. Diese Menschen sind in diesem Artikel gemeint.

Es darf alles sein. Billig-Lasagne für ein paar Cent. Käse, Fett, Zucker... Gammelfleisch, Hormone, Tierquälerei. Hauptsache, es werden im Gehirn die entsprechenden Dopamine freigesetzt, die einem den Eindruck vermitteln, "lecker" zu essen.

Etwa 5 Prozent der in Deutschland verkauften Lebensmittel stammen aus Bio-Anbau. Bei Fleisch ist es etwa 1 Prozent. [1] Und das trotz einer schier endlosen Folge von Agrar-Skandalen, insbesondere in der Tierhaltung. Trotz der mathematischen Sicherheit, dass die Ressourcen eines Tages zu Ende gehen und die nachkommenden Generationen die Rohstoffe, die unsere Tierhaltungen heute vernichten, in Zeiten der Klimakatastrophe gut gebrauchen könnten.

Wenn es um die Ernährung geht, sind die Deutschen große Redner, aber kaum Veränderer. Trotz umfassender Bildungsmöglichkeiten halten sie am erlernten Ernährungs-Dogma fest. Die Disziplinlosigkeit in der Ernährung spiegelt sich in ihrer kulinarischen Anspruchslosigkeit wider.

Mehr als die Hälfte aller Deutschen sind übergewichtig oder adipös. Etwa 10% haben Diabetes Typ 2, also eine typische Folge einer langzeitigen Fehlernährung. Jeder 5. Todesfall in Deutschland hängt mit Diabetes zusammen, warnte das Deutsche Diabeteszentrum Anfang 2018.

Die meisten Deutschen essen jedoch - wider besseren Wissens - Tierprodukte und nehmen die Gesundheitsfolgen in Kauf. Manche essen sich regelrecht zu Tode. Hauptsache, es schmeckt, könnte man meinen. Doch nicht einmal das stimmt.

Denn während der Durchschnittsesser gerne von anderen Kochkulturen schwadroniert, ist "vegan" bei notorischen Egal-Essern immer noch oft mit Verzicht konnotiert. Als dürfe es einfach nicht schmecken. Völlig unerheblich, dass vegane Ernährung im Grunde genauso eine andere Kochkultur darstellt.

Studien zeigen, dass eine Umstellung auf vegane Ernährung nicht bloß einen Austausch von Lebensmitteln bedeutet, sondern auch mit einer erhöhten Ernährungsdisziplin einhergeht. Anders gesagt: Veganer kennen sich einfach besser mit Ernährung aus.

Was Veganer also meinen, wenn sie davon sprechen, dass es in einem veganen Restaurant auch Fleischessern schmecke, ist mitunter eher das: Es schmeckt und man kann mit einigermaßen entspannten, fleischessenden Zeitgenossen dort gut einkehren.

Dass es nicht sonderlich schwer ist, den Geschmack von Fleisch vegan nachzumachen, so dass es auch anspruchslosen und kulinarisch desinteressierten Fleischessern schmeckt, ist dabei unerheblich.

Deshalb ist es keine qualitative Aussage, wenn ein Gericht "auch Fleischessern" schmeckt. Relevant ist doch nur, ob das Gericht schmeckt.

Eine überwiegend pflanzliche Ernährung ist die einige Ernährungsform, die die wachsende Weltbevölkerung noch viele Jahre lang gut versorgen kann. Denn die Menschen in den reichen Industrienationen leben bereits heute "auf Verschleiß". Sie täten gut daran, sich schnellstmöglich mit dieser zukunftsfähigen Ernährungsform anzufreunden - und jetzt vegan zu werden.

Veröffentlichung:

Teile diesen Artikel:

4,7/5 Sterne (26 Bew.)
AUTOR: KILIAN DREIßIG
Vegane Lebensweise vereint Klimaschutz, Tierschutz und Lebensqualität. Gründe genug, mich als Journalist damit zu beschäftigen.

Dazu passende Artikel:

Veganer - ab wann darf man sich so bezeichnen?

Entspannt vegan leben nach dem Pareto-Prinzip

Den Geschmack von Fleisch vegan nachmachen

Diese 15 ökologischen Argumente für Veganismus solltest Du kennen

Tierhaltung macht Ressourcen zu Gülle. Die Lösung ist vegan.

Das Dilemma des erhobenen Zeigefingers