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Töten zum Genuss: Sind Fleischesser Psychopathen?

Die meisten Fleischesser sind keine Psychopathen - für die Tiere ändert das Bild: Fotolia.com
Kleines Vorwort: Darf man Fleischesser mit einem solchen Titel provozieren, oder ist das unfaires und unsachliches "Omni-Bashing"?
Wir denken, das hier angesprochene Thema sollte nicht aufgrund von falsch verstandener Toleranz ignoriert und gemieden werden - zumal die Analogie "Töten zum Genuss" und "Töten aus Genuss" durchaus mit Gewinn diskutiert werden kann. Dieser Titel soll provozieren und dazu anregen, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Persönliche Angriffe sind nicht unsere Intention.

Ethische Motive gehören zu den wichtigsten Gründen für eine vegane Lebensweise. Viele Menschen haben mit einem Mal das Gefühl, plötzlich Zusammenhänge zu erkennen, die zwischen dem eigenen Verzehr und dem Leid von Tieren bestehen.

Für viele Fleischesser erscheint ein solcher Schritt dagegen völlig unverständlich. Manch ein Veganer erntet nur Kopfschütteln im Bekanntenkreis. Manchmal wird man als Veganer sogar als Moralapostel oder Besserwisser beschimpft, oder gar sozial ausgegrenzt.

Doch ticken Veganer ethisch wirklich anders?

Nein! Ethische Verhaltensweisen scheinen in uns Menschen fest veranlagt zu sein.

In allen Völkern der Erde gibt es moralische Verhaltensregeln, deren Nichtbeachtung in der Regel sozial geächtet oder sogar bestraft wird. Schon uralte Märchen und Geschichten deuten darauf hin, dass Ethik ganz tief in uns verankert ist. Wir können meist sofort und intuitiv sagen, welche Figur "gut" und welche "böse" ist.

Der gelegentliche Vorwurf gegen Veganer, dass sie sich eine willkürliche Ethik ausgesucht hätten, die sie unschuldigen Mitmenschen aufdrängen wollten, ist unter dieser Betrachtung schlicht falsch.

Ethische Anstandsregeln sind in uns veranlagt.

Wer hingegen keine Ethik kennt und Tiere aus Freude quält, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit psychisch krank (z. B. Psychopathie, Soziopathie und Machiavellismus).
Jeder gesunde Mensch hat die Veranlagung, ethisch zu handeln. Auch die meisten Fleischesser lehnen Tierquälerei ab. Veganer und Fleischesser unterscheiden sich in diesem Punkt kaum.

Und doch stellt sich zwangsläufig die Frage, warum Menschen dann doch Fleisch essen.

Die wenigsten Fleischesser sind schließlich Psychopathen. Die wenigsten Menschen quälen Tiere aus Freude. Zugleich ist die Fleischproduktion für die Tiere eine Tortur - und der Verzehr von Fleisch, Milch und Eiern heute in unserer Zivilisation nichts anderes als Komfort. Wir könnten gut ohne Tierprodukte überleben. Wahrscheinlich ist es sogar gesünder.

Wie passt das alles zusammen?

Abstraktion begünstigt die Verdrängung.

Der wichtigste Grund scheint die Abstraktion zu sein. Denn es ist leicht, das Töten eines Tieres zu "akzeptieren", das man nie kennengelernt hat. Die "persönliche Ernährungsentscheidung" ist daher eher eine Vermeidung von Entscheidung. Denn die für eine fundierte Entscheidung notwendigen Hintergründe werden ja verdrängt.

Tiere werden heute fernab der Öffentlichkeit gezüchtet, gemästet und getötet. Sie leiden, ohne dass wir es mitbekommen. Dabei gehen wesentliche Informationen verloren, die wir für eine intuitive, ethische Beurteilung bräuchten. Wir denken an eine anonyme Masse von Körpern, statt an Individuen. Die Tierquälerei wird abstrakt - und ebenso die Diskussion darüber. Wir diskutieren über "Nutztiere" und den rechtfertigenden Fleischverzehr unserer entfernten Vorfahren, statt über leidensfähige Tiere, die nicht einmal frische Luft und Sonnenlicht gelangen - und dazu meist noch im Kindesalter getötet werden.

Wir müssen uns regelrecht bemühen, um die ethische Verbindung zwischen Zusammenhängen zu schaffen. Und das auch noch für eine Verbindung, die uns in unseren Gewohnheiten bedrohen würde. Wer tut das schon gerne?

Die Industrie nutzt das Phänomen und bebildert ihre Produkte mit Bauernhof-Idylle - niemals aber mit Schweinen, die im eigenen Kot stehen oder mit Milchkühen, die nach ihren Kälbern rufen. Die Realität hat im Fleisch-Marketing einen schlechten Stand. Und das spricht für sich!

Die amerikanische Psychologin Melanie Joy, die diese Verdrängungsmechanismen genauer untersucht hat, bezeichnet das ideologische Glaubenssystem der Fleischesser als Karnismus.

Doch die Verdrängungsmechanismen sind noch viel tiefgreifender!

Wirklich "nur Nutztiere"?

Kaum ein Haustier-Halter würde seinem tierischen Liebling das antun, was er durch Fleischverzehr einem anderen, unbekannten Tier antun lässt. Die häufige Argumentation, dass es eben die Funktion eines "Nutztieres" wäre, ist ebenfalls Teil des Abwehrmechanismus Karnismus. Aus dem Auge, aus dem Sinn! Denn ob Haustier oder "Nutztier" - das Leid bleibt doch gleich.

Und damit der eigene Abwehrmechanismus nicht auffliegt, werden auch Informationen abgewehrt, die dieses fragile Gedankengebilde erschüttern könnten.

Mehrfach haben psychologische Untersuchungen gezeigt, dass sich Fleischesser allein durch die Anwesenheit eines Veganers bedroht fühlen. Schließlich stehen Veganer als Symbol für eine Verbindung, die man als Fleischesser selbst mit viel Energie verdrängt. Es spielt gar keine Rolle, wie sich der Veganer selbst verhält.

Man kennt solche Verdrängungsmechanismen natürlich noch aus vielen anderen Bereichen. Dutzende Ideologien rechtfertigen ethisches Fehlverhalten mit angeblich höheren Zielen oder zumindest fremder Verantwortlichkeit. Beim Fleischverzehr sind diese psychischen Mechanismen besonders deutlich erkennbar.

Auch Religion und Ideologie dient oft der Verdrängung.

Verdrängung wird übrigens auch durch zahlreiche Religionen unterstützt. Das rituelle Töten von Tieren ist zum Beispiel nichts anderes als eine Möglichkeit, Tiere im Auftrag etwas "Höheren" zu töten - und damit ebenfalls zu verdrängen, dass man seine eigenen ethischen Anstandsregeln verletzt.
Je abstrakter das Ritual umso komplexer die Verdrängungsmechanismen. Das geht soweit, dass das geopferte Tier nicht einmal mehr verzehrt wird und als eine Art Wiedergutmachung für die Tötung seiner Artgenossen steht.

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Ähnlich sieht es aus, wenn man Fleisch in gutem Gedenken an das Tier verspeist - oder in der ehrlichen Hoffnung, dass es dem Tier gut ergangen ist (z. B. durch den Kauf von "Bio"-Fleisch).

Selbst Schlachthof-Leiter begründen ihre Tätigkeit damit, dass Verbraucher es eben so wollten.
So begründet einer sein ethisches Fehlverhalten mit dem Fehlverhalten des Anderen. Und am Ende leiden die Tiere.

Natürlich richtet sich Ethik nach den Umständen. Wenn uns in einer Not-Situation nichts anderes mehr bleibt, als ein Tier (oder gar einen Artgenossen) zu verzehren, dann spielt Ethik eine sehr untergeordnete Rolle. Unsere Ur-Vorfahren, die teilweise auf Fleisch angewiesen waren, hatten wohl gar keine Zeit, sich Gedanken über Für und Wider des Fleischverzehrs zu machen.

Zum Glück sind diese Zeiten längst vorbei. Wir können uns Gedanken machen. Unsere Lebenserwartung ist deutlich höher. Wir sind zivilisierte Menschen geworden und uns stehen unzählige Lebensmittel zur Verfügung, mit denen wir uns gesund vegan ernähren können.
Veganer zu werden ist nur eine Frage der Umgewöhnung. Zugleich ist eine vegane Lebensweise die wichtigste Maßnahme gegen die unethische Behandlung von Tieren.

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AUTOR: KILIAN DREIßIG
Vegane Lebensweise vereint Klimaschutz, Tierschutz und Lebensqualität. Gründe genug, mich als Journalist damit zu beschäftigen.

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